
100 Tage Trump Die gespaltenen Staaten von Amerika
Harte Einwanderungspolitik, Einschnitte bei der Bildung, umstrittene Begnadigungen: Kein US-Präsident hat so viele Dekrete in den ersten 100 Tagen unterschrieben wie Trump: Was hat er erreicht - mit welchen Folgen?
Donald Trump gönnt sich kaum eine Pause. Seit nahezu 100 Tagen führt er seine zweite Amtszeit mit Nachdruck - baut energisch die US-Politik um, innen wie außen.
Während Deutschland, Europa und die restliche Welt besorgt auf die Außenpolitik blicken, steht für die US-Amerikanerinnen und Amerikaner besonders die Innenpolitik im Fokus. Trump tritt an mit dem Versprechen, das Land erneut zu transformieren und unter dem Motto "America First" in eine neue Ära zu führen.
Einwanderungspolitik im Fokus
Eines von Trumps zentralen Anliegen: die Verschärfung der Einwanderungspolitik. In den ersten Wochen seiner Amtszeit reaktivierte er das "Remain in Mexico"-Programm, forcierte den Ausbau der Grenzmauer, rief den Notstand an der Grenze aus und setzte verstärkt das Militär zur Grenzsicherung ein. Regierungsangaben zufolge gingen illegale Grenzübertritte dadurch um 90 Prozent zurück. Ein Erfolg für Trump.
Dazu produzierte die Einwanderungsbehörde medienwirksam Bilder von Abschiebungen angeblich Krimineller in ihre Heimatländer - oder noch provokanter: in umstrittene Hochsicherheitsgefängnisse in El Salvador. Kritiker sehen in der aggressiven Rhetorik und in den harten Abschiebeaktionen eine bewusste Verbreitung von Angst, insbesondere unter Migranten und Minderheiten.
Und die verfängt offenbar, wie bei Damariz Posadas und ihrem Ehemann Maethee. Die beiden gehen nur noch vor die Tür, wenn es unbedingt sein muss - oder ihr kleiner Sohn mal an die frische Luft soll. Risiko-Minimierung nennen sie das. Beide sind als Kinder illegal ins Land gekommen. Sie aus Mexiko, er aus Thailand. Deshalb haben sie nur eine befristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis.
Trump hat zwar angekündigt, nur Kriminelle abzuschieben, aber trauen wollen sie ihm nicht. Etwa elf Millionen Menschen in den USA haben keine Aufenthaltserlaubnis.
Bürokratieabbau mit DOGE
Mit der Gründung von DOGE, des "Department of Government Efficiency" unter der Leitung von Elon Musk, leitete Trump weitreichende und teils rabiate Maßnahmen zum Abbau der Bürokratie ein, startete Programme zur freiwilligen Reduzierung von Behördenstellen. Bis zu 280.000 Bundesbedienstete und angeschlossene Auftragnehmer sollen bislang von der größten Kündigungswelle in der Geschichte des Landes betroffen sein.
Während Befürworter Effizienzgewinne loben, warnen Kritiker vor einem Verlust wichtiger staatlicher Funktionen. Und vor einem Klima der Unsicherheit und Willkür innerhalb der Behörden.
Anwalt Louis Clark etwa, der schon seit der Amtszeit von Präsident Carter Fälle von Korruption innerhalb von Behörden aufdeckt. Er ist über 70, wollte sich eigentlich langsam in Richtung Rente verabschieden. Aber jetzt mit Trump und Musk - "no way", sagt er. "Ich glaube nicht, dass sich das Weiße Haus wirklich darum kümmert, ob diese Kündigungen rechtmäßig sind oder nicht. Es geht darum, eine Art Schock und Angst erzeugen."
Begnadigungen sorgen für Empörung
Zusätzliche Kontroversen lösten Trumps Begnadigungen aus: Mehr als 1.500 Personen, die im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 verurteilt worden waren - darunter Mitglieder extremistischer Gruppen - erhielten eine Amnestie.
Kritiker werfen Trump vor, dadurch die demokratischen Institutionen zu untergraben. Besonders die Entlassung verurteilter Mitglieder extremistischer Gruppen schürt Ängste vor einer Radikalisierung des politischen Klimas und dem Verlust rechtsstaatlicher Normen.
Das Ende der Gewaltenteilung
Trump versucht offenbar, die Macht im Weißen Haus zusammenzuziehen: Kein anderer Präsident vor ihm hat bislang derart viele Dekrete in den ersten 100 Tagen unterschrieben. Bislang 139 an der Zahl.
Trumps extensive Nutzung von Dekreten, um politische Ziele zu erreichen, rufen verfassungsrechtliche Bedenken hervor. Zahlreiche Klagen wurden eingereicht, mit der Begründung, er überschreite seine exekutiven Befugnisse und greife die Gewaltenteilung an. Politische Grundprinzipien würden ausgehöhlt, wenn er quasi komplett am Kongress vorbei regiere.
Das ärgert auch Anwalt Louis Clark: "In unserer über 250-jährigen Geschichte gab es immer ein Gleichgewicht der Kräfte." Und Trump könnte die Gewaltenteilung vollständig beseitigen. Das sei Faschismus.
Bildungs-Fördergelder gekürzt
Auch in der Bildungspolitik setzt Trump markante Akzente. Unter anderem höhlte er das Bildungsministerium aus. Gerade arbeitet er sich an den Elite-Universitäten des Landes ab. Der Vorwurf: Nach pro-palästinensischen Protesten hätten die Unis nicht klar Stellung gegen Antisemitismus bezogen. Deshalb sind mehrere Milliarden Fördergelder eingefroren.
Parallel förderte er verstärkt Programme für Künstliche Intelligenz und berufliche Ausbildung. Kritiker werfen ihm vor, Bildung zunehmend zu einem Kampfplatz zu machen, auf dem kritisches Denken eingeschränkt und alternative Perspektiven systematisch verdrängt werden.
Wirtschaftliche Enttäuschung
Trotz der vollmundigen Ankündigungen einer wirtschaftlichen Renaissance sind viele US-Bürger zunehmend unzufrieden. Umfragen zeigen, dass sich nur elf Prozent der Amerikaner wirtschaftlich bessergestellt fühlen, während mehr als die Hälfte von einer Verschlechterung berichtet.
Besonders der Zick-Zack-Kurs in Zoll-Fragen wird von Ökonomen als kontraproduktiv kritisiert - ein zusätzlicher Belastungsfaktor für Konsumenten und Unternehmen.
Zustimmung auf wackeligem Fundament
Seine Zustimmungswerte liegen nach den ersten 100 Tagen - je nachdem, welche Umfrage man bemüht - bei etwa 39 Prozent, ein Minus von elf Prozentpunkten seit der Wahl. Das ist wohl der schlechteste Wert, den je ein Präsident nach 100 Tagen eingefahren hat. Besonders bei jungen Wählern und hispanischen Amerikanern, die ihm 2024 teils ihre Stimme gegeben hatten, zeigt sich wachsende Enttäuschung.
Während Trump also bei den meisten seiner Anhänger immer noch auf große Zustimmung stößt, wachsen Polarisierung und Ängste im Rest der Gesellschaft, und das Vertrauen in den Rechtsstaat sinkt. Kritiker warnen, dass die Strategie von Angst, Chaos und Willkür das Fundament der US-Demokratie nachhaltig beschädigen könnte.
Auch wenn man eine weitere Teilung nicht für möglich gehalten hätte: Trump regiert ein Land, das so gespalten ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Trumps Politik wird von seinen Anhängern als notwendige Rückeroberung amerikanischer Werte gefeiert, während Kritiker ihm vorwerfen, gezielt Angst zu schüren und die Gesellschaft entlang ethnischer, politischer und sozialer Linien zu polarisieren. Statt Brücken zu bauen, scheint Trump mit seiner Innenpolitik bestehende Gräben bewusst noch zu vertiefen.
Schäden für Wirtschaft, Rechtsstaat und Gesellschaft
Trump setzte innenpolitisch viele seiner Wahlversprechen und Ankündigungen um, bleibt jedoch hochgradig polarisierend. Während seine Anhänger seine Entschlossenheit feiern, warnen Kritiker vor langfristigen Schäden für Wirtschaft, Rechtsstaatlichkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob Trump seine Agenda auch nachhaltig verankern kann - oder ob Widerstände und Kritik weiter wachsen.
Die Weltspiegel Doku zu Trumps ersten 100 Tagen im Amt - WTF, Trump?! - Was wird aus Amerika? - jetzt auch in der ARD Mediathek.