Einwanderungs-Anwalt Hans Meyer sitzt in seinem Büro in Denver.

Einschüchterung als Kalkül Wie Trump Druck auf Anwälte ausübt

Stand: 03.05.2025 09:21 Uhr

US-Präsident Trump hat das Justizministerium angewiesen, Sanktionen gegen Anwälte und Kanzleien zu verhängen, die sich an "unangemessenen" Rechtsstreitigkeiten gegen die USA beteiligen. Was bedeutet das für Anwälte?

Hans Meyer sitzt in seiner Anwaltskanzlei in Denver, Colorado. Er schüttelt den Kopf, sagt: "Ich bin zwar erst 51 Jahre alt, aber ich habe das Gefühl, das ist die dunkelste Zeit, die ich bisher in diesem Land erlebt habe."

Meyer ist Anwalt für Einwanderungsrecht. Seit dem Amtsantritt von Donald Trump, erzählt er, spürt er als Anwalt einen nie dagewesenen Druck. Diese Regierung habe einen klaren Plan: die Möglichkeit, Trump vor Gericht zu stoppen, komplett zu beseitigen, so Meyer. Auf die Anwälte, die er kenne, habe das eine enorm abschreckende Wirkung. Viele hätten Angst, ihre Meinung zu sagen. Denn Anwälte wie er, die zum Beispiel Migranten vertreten - auf legale Weise, betont Meyer - würden zur Zielscheibe.

Auch Richter geraten ins Visier

So wie Richter, die gegen Donald Trump entscheiden. Immer wieder hetzt Trump gegen angebliche kommunistische linksradikale Richter, die seine Politik stoppen wollten. Das könne er nicht zulassen, erklärte Trump erst vor einigen Tagen wieder, als er seine ersten 100 Tage im Amt auf einer Veranstaltung in Michigan feierte.

Anwalt Meyer sagt, das Justizsystem sei im Moment das Einzige, was Trump stoppen könne, die einzige Kontrolle im Rahmen der Checks and Balances, der Gewaltenteilung. Aber, wo kein Kläger, da kein Richter. Trump hat das Justizministerium per Dekret bereits angewiesen, Sanktionen gegen Anwälte zu verhängen, die sich an "unangemessenen" Rechtsstreitigkeiten gegen die USA beteiligen.

Für Trump und seine Regierung sei eine noch bessere Möglichkeit, die Kontrolle der Justiz auszuhebeln, indem sie noch früher ansetzten, so Meyer. Diejenigen versuchen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen, die die Fälle vor Gericht brächten. Das seien zum Beispiel Bürgerrechtsanwälte. Aktivisten. Einwanderungsanwälte. 

Einschüchterung als Kalkül

Der Anwalt für Einwanderungsrecht berichtet, seit Trump an der Macht sei, suchten mehr Leute in seiner Kanzlei Rat. Aber weniger wählten tatsächlich den Rechtsweg - aus Angst, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Was ihm als Anwalt passieren könnte? Das Naheliegendste, womit man einem Anwalt drohen könne, so Meyer, sei mit einer Disziplinarklage. Die könne auch völlig unbegründet sein. Aber es koste Tausende Dollar, sich zu verteidigen. "Der Ruf wird zerstört - und die Klienten bleiben weg, weil sie Angst haben, selbst ins Visier zu geraten. Dafür reicht allein eine Anschuldigung", so der 51-Jährige. Das könne eine Anwaltskanzlei zerstören.

Aber Meyer denkt nicht daran, keine Migranten mehr als Mandanten anzunehmen. Alle verdienten ein faires Verfahren, das sei unser Rechtsstaat, betont er. Aber natürlich, ist er überzeugt, werde es Trump gelingen, auch Anwälte einzuschüchtern. Und genau das sei Trumps Kalkül.

Zur Sicherheit - auch für die Klienten - haben er und seine Kollegen das Türschloss der Kanzlei, einem unscheinbaren Haus in einer Seitenstraße in Denver, erneuern lassen. Ob er manchmal denkt, er hätte lieber einen anderen Job? Zwei Dinge können gleichzeitig wahr sein, so der 51-Jährige. Es sei alles so zermürbend, herzzerreißend und schrecklich. Und gleichzeitig fühle es sich für ihn an, als sei er genau an der richtigen Stelle.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. April 2025 um 12:02 Uhr.