
Abstimmung über Gesetz Frankreich will Kampf gegen Drogenbanden verschärfen
Mit einem neuen Gesetz will Frankreichs Regierung die Drogenkriminalität eindämmen. Es soll der Polizei ermöglichen, hart durchzugreifen, und die Gefängnisse sicherer machen. Heute wird darüber abgestimmt.
Der Drogenkriminalität das Handwerk legen - das will ein Gesetz, das heute in Frankreich zur finalen Abstimmung steht. Denn auch im vergangenen Jahr forderte das Geschäft mit Haschisch, Kokain und anderen Drogen wieder zahlreiche Todesopfer. Und das Drogengeschäft breitet sich immer weiter aus. Mittlerweile sind nicht mehr nur Marseille und Paris betroffen, sondern auch kleine und mittlere Städte. Das neue Gesetz soll die Ermittler stärken und die Banden entscheidend schwächen.
Für Innenminister Bruno Retailleau ist es höchste Zeit, dass Frankreich handelt. Bereits im November vergangenen Jahres, kurz nach seinem Amtsantritt, wählte er drastische Worte: "Wir sind an einem Kipppunkt, der uns vor die Wahl stellt: Entweder gibt es eine allgemeine und allumfassende Mobilisierung für diesen großen Kampf gegen die Drogenkriminalität - einen Kampf, der lange dauern wird und den wir gewinnen werden - oder wir erleben eine Mexikanisierung unseres Landes."

Ein Mann steht vor einer Hauswand, auf der die Preise für verschiedene Drogen angeschrieben sind.
Krieg der Drogenbanden fordert viele Tote
Auch wenn diese Warnung in den Augen einiger Fachleute alarmistisch ist - die Zahlen zeigen, dass Frankreich ein echtes Problem hat: Im vergangenen Jahr forderte der Krieg der Drogenbanden landesweit 110 Tote, im Jahr davor waren es sogar noch mehr. Es sind vorwiegend junge Männer, die im Kampf der rivalisierenden Gangs sterben, doch immer wieder verlieren auch Unbeteiligte ihr Leben.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr in Frankreich etwas mehr als 53 Tonnen Kokain sichergestellt, ein Anstieg um 130 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Innenminister warnt: "Ich sehe doch, was passiert: Korruption breitet sich in der Verwaltung aus, es gibt Drogen-Enklaven, die sich dem Gesetz der Republik, dem Rechtsstaat entziehen."
Kampf gegen die Geldwäsche wird vereinfacht
Das heute zu verabschiedende Gesetz legt den Hebel auf mehreren Ebenen an. Es soll beispielsweise eine nationale Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität geschaffen werden. Ermittler sollen bestimmte, durch Infiltration oder Überwachung gesammelte Informationen unter Verschluss halten dürfen, so dass die Anwälte der Verteidigung keinen Zugriff auf diese Informationen haben.
Und auch im Kampf gegen die Geldwäsche sollen die Ermittler mehr Durchgriffsrechte bekommen, erklärt der Pariser Polizeipräfekt Laurent Nunez: "Wir können dann auf den bloßen Verdacht der Geldwäsche hin unterschiedliche Einrichtungen und Geschäfte vorübergehend schließen. Also kleine Supermärkte, Restaurants, Telefonshops etc. Natürlich immer alles unter richterlicher Kontrolle."
Messengerdienste bleiben unberührt
Ein anderer Wunsch allerdings bleibt den Ermittlern verwehrt: Sie hatten gehofft, mit dem neuen Gesetz Messengerdienste dazu zwingen zu können, verschlüsselte Botschaften zu entschlüsseln. In der Endfassung des Gesetzes aber fehlt diese Maßnahme. Zu groß ist die Sorge, dass auch Staatsfeinde diese sogenannten Blackdoors nutzen könnten.
Dafür aber setzen die beiden Hardliner im Innen- und Justizministerium ein echtes Signal beim Thema Strafvollzug. Immer wieder gab es zuletzt Berichte über Drogenbosse, die sich Handys, Geld und mehr per Drohne direkt ins Gefängnis liefern ließen und von dort ganze Mordkommandos steuerten. Damit soll jetzt Schluss sein.
Hochsicherheitsgefängnisse für Strippenzieher
Justizminister Gerald Darmanin wird im Juli das erste von zwei Hochsicherheitsgefängissen für Drogenkriminelle eröffnen: "In diesen Hochsicherheitsgefängnissen werden neue Regeln gelten, die den Aufsehern das Leben erleichtern. Statt die Gefangenen zu den Verhören in Kommissariate zu überführen, wird es deutlich mehr Verhöre per Video geben, außerdem drastisch eingeschränkten Zugang zu Telefonen, strengere Durchsuchungen. Und dann natürlich die weitgehende Isolierung."
Die geplante Verlegung der Strippenzieher in Hochsicherheitsgefängnisse scheint im Drogenmilieu bereits für aggressive Reaktionen zu sorgen. Unter der Parole "DDFP - défense des droits des prisonniers français - Verteidigung der Rechte der französischen Gefangenen" rollte in den vergangenen Wochen eine Einschüchterungskampagne gegen Mitarbeitende von Gefängnissen übers Land. Sie wurden bedroht, ihre Autos in Brand gesteckt, einmal wurde gar das Haus eines Gefängniswärters beschossen.
"Erstmal eine Erleichterung"
Gestern nun haben die Behörden 25 mutmaßliche Mitglieder dieser Gruppe festgenommen. Jeremy Moncelon von der Gewerkschaft Force ouvrière begrüßt den Ermittlungserfolg, bleibt aber skeptisch: "Klar, das ist erstmal eine Erleichterung. Aber ich denke es sind nur die kleinen Fische, die festgenommen wurden. Der größte Teil des Netzwerkes muss erst noch zerschlagen werden."
Das gilt nicht nur für die DDFP, sondern für das gesamte Drogenmilieu Frankreichs. Ob das neue Gesetz dafür sorgen wird, dass den Hintermännern des Drogengeschäfts das Handwerk gelegt wird, bleibt abzuwarten.