Beamte der Bundespolizei stehen am frühen Morgen bei der Einreisekontrolle am deutsch-polnischen Grenzübergang Stadtbrücke.

Bundespolizei an den Grenzen Zurück in alte Zeiten - mit neuen Problemen

Stand: 15.05.2025 11:19 Uhr

Zurückweisung statt langer Prüfverfahren: Auch Asylsuchende sollen an den Grenzen systematisch abgewiesen werden - mit großem Personalaufwand. Die Bundespolizei steht vor einem Dilemma.

Es geht nur langsam voran. Im Schritttempo rollen die Autos über die Stadtbrücke in Frankfurt/Oder. Der kleine Grenzverkehr steht im Stau. Hier am Grenzübergang zu Polen wird stichprobenartig kontrolliert. Wer den Beamten verdächtig erscheint, also möglicherweise irregulär einreisen möchte, wird rausgewunken.

Es ist eine Rückkehr zu alten Zeiten - im Jahr 2008 wurden an der deutsch-polnischen Grenze die Grenzanlagen abgebaut. Die Grenzkontrolltechnik, also feste Häuser, Schlagbaum, Kontrollbereiche, existieren nicht mehr. Jetzt wirkt alles ein bisschen improvisiert, unter einem weißen Zeltdach werden Papiere kontrolliert.

So oder ähnlich sieht es an allen 50 Kontrollstellen aus, die in der vergangenen Woche aufgebaut wurden. Blaue Pavillons, weiße Pavillons, Zelte, Container wurden als neue Grenzposten installiert. Die Bundespolizei kontrolliert sichtbar stärker - mehr Präsenz, mehr Kontrollstellen, mehr Zurückweisungen. 

Nationales Recht oder Europarecht?

Schon vor dem Amtsantritt des neuen Bundesinnenministers wurde an der Grenze zurückgewiesen - Ausländer ohne Visum, die kein Asylgesuch stellten und Menschen mit Wiedereinreisesperre. Seit einer Woche aber ist die Bundespolizei angewiesen, auch Asylsuchende an den Grenzen zurückzuweisen. Ausnahmen gelten für alleinreisende Minderjährige, Mütter mit Kleinkindern, Hochschwangere oder schwer Erkrankte.

Juristisch ist das nicht unumstritten. Die Grundlage für die verschärfte Regelung ist eine reine Definitionssache. Die Nachbarländer gelten als sichere Drittstaaten - nach bisheriger Rechtsprechung gilt das so nicht, sondern ist nur an den EU-Außengrenzen anwendbar, nicht innerhalb der EU.

Die Bundespolizei steht vor einem Dilemma: Sie ist an Recht und Gesetz gebunden, jetzt aber verbunden mit der klaren Weisung, EU-Recht nicht mehr anzuwenden. "Wir hoffen alle, dass irgendwann ein Gericht mal sagt, ob das jetzt wirklich europarechtskonform ist oder nicht", sagt Heiko Teggatz von der Bundespolizeigewerkschaft DPolG. Und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert eine Freistellung von rechtlichen Konsequenzen. Die Rechtsauslegungspraxis dürfe nicht auf Kosten der Beamten gehen. 

Kontrolle braucht Kontrolleure

Schon die letzte Ausweitung der Grenzkontrollen hat der Bundespolizei Millionen von Überstunden eingebracht. Abbauen nicht möglich. Und auch jetzt wird das benötigte Personal mit der Bundesbereitschaftspolizei aufgestockt. Diese Hundertschaften sind für Großlagen zuständig - für Demonstrationen, Fußballspiele, Staatsbesuche und werden zur Unterstützung an die Grenzen geschickt.

Aus der Bundespolizei ist zu hören: Faktisch die gesamte Bundesbereitschaftspolizei wird schon zur Grenzkontrolle herangezogen. Solange die Grenze oberste Priorität habe, blieben andere Sachen eher liegen. Im Gespräch zumindest sind auch die Verlängerung der Dienstzeit auf zwölf Stunden und der Einsatz sogenannter Alarmhundertschaften. Das hieße, aus den Dienststellen an Bahnhöfen oder Flughäfen aber auch aus den Bereichen Aus- und Fortbildung würde Personal abgezogen und in diesen Einheiten zusammengefasst.

"Wenn die Bundesregierung tatsächlich plant, mit diesem Personalansatz dauerhaft diese Kontrollintensität aufrechtzuerhalten, dann brauchen wir mehr Personal. Das brauchen wir schnell", sagt Heiko Teggatz von der DPolG. Seine Gewerkschaft kann sich die Einstellung von Tarifbeschäftigten für die Sachbearbeitung vorstellen. Polizeibeamte auszubilden, dauere zu lange.

Doch auch mit mehr Personal ist die Bundespolizei nicht in der Lage, die fast 4.000 Kilometer lange Grenze lückenlos zu überwachen. Auch das wissen die Beamten. An der Oder finden sie immer wieder weggeworfene, nasse Kleidung, ausländische Währung. Dann wissen sie, dass Menschen die Grenze irregulär überquert haben.

Was sind irreguläre Einreisen?
Der Begriff des irregulären beziehungsweise unrechtmäßigen Aufenthalts wird laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Hinblick auf Personen verwendet, die sich ohne Aufenthaltsrecht oder Duldung und ohne Kenntnis der Ausländerbehörden in Deutschland aufhalten. 

Die Bundespolizei bezeichnet die irregulären Einreisen als "unerlaubte Einreisen". Manchmal werden irreguläre Einreisen auch als "illegale Einreisen" bezeichnet. Auch von "irregulärer Migration" ist in der politischen Debatte oft die Rede. Gemeint sind damit immer undokumentierte Grenzübertritte und der unrechtmäßige Aufenthalt in Deutschland. Bei Personen, die unmittelbar nach der unerlaubten Einreise um Asyl ersuchen, wird das Verfahren jedoch so lange ausgesetzt, bis das Asylverfahren abgeschlossen ist. 

Flüchtlingsorganisationen und Migrationsforscher weisen daraufhin, dass Migration an sich gegen kein Gesetz verstößt, also nicht "illegal" ist.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 14. Mai 2025 um 22:15 Uhr.