
Baden-Württemberg Judenfeindliche Schmierereien in Langenau: Tatverdächtiger, aber kein Verfahren
Ein 29-Jähriger soll für judenfeindliche Schmierereien in Langenau im Dezember 2024 verantwortlich sein. Warum das Ermittlungsverfahren dennoch vorerst eingestellt wurde.
Nach judenfeindlichen Schmierereien an einer Kirche sowie am Rathaus in Langenau (Alb-Donau-Kreis) gibt es einen Tatverdächtigen. Ein Ermittlungsverfahren gegen den 29-Jährigen aus dem Kreis Heidenheim wegen Sachbeschädigung und Volksverhetzung wurde jedoch vorerst eingestellt.
Mutmaßlich Einzeltäter für Schmierereien verantwortlich
Deutlich sichtbar, heller und weißer als die übrige Fassade, ist eine Fläche am Langenauer Rathaus. Dort wurden im Dezember 2024 judenfeindliche Parolen an die Wand gesprüht - ebenso wie an die der Martinskirche. Wie die Stadt Langenau mitteilt, ist für die Schmierereien mutmaßlich ein Einzeltäter verantwortlich.
Die Stadt beruft sich auf Angaben der Staatsanwaltschaft Ulm. Demnach habe die Polizei den Beschuldigten bereits zur Tatzeit am Tatort angetroffen. Der vorbestrafte 29-Jährige sei zunächst geflüchtet. Doch die Polizei habe ihn später ausfindig machen können. Das Verfahren wegen Sachbeschädigung und Volksverhetzung hat die Staatsanwaltschaft Ulm nach SWR-Informationen allerdings vorerst eingestellt.

Der Tatverdächtige soll auch am Rathaus in Langenau judenfeindliche Schmierereien hinterlassen haben.
Tatverdächtigem droht Gefängnisstrafe wegen eines Einbruchs
Der Grund dafür ist ein weiteres Strafverfahren, das die Staatsanwaltschaft Ellwangen derzeit gegen den Tatverdächtigen führt. Nach Angaben eines Sprechers ist der Beschuldigte dringend tatverdächtig, im März 2025 in eine Wohnung in Heidenheim eingebrochen zu sein. Der Mann befinde sich derzeit in Untersuchungshaft.
In den kommenden Tagen wolle man wegen dieser Tat Anklage zum Amtsgericht Heidenheim erheben. Sollte der Beschuldigte verurteilt werden, droht ihm eine Gefängnisstrafe.
Die Staatsanwaltschaft Ulm wartet das Gerichtsurteil ab. Im Falle eines Freispruchs wolle man das Verfahren wegen der Schmierereien in Langenau wieder aufrollen, so ein Sprecher.
Wir hätten es natürlich gut gefunden, wenn wir mehr erfahren hätten über Hintergründe und Motivation. Ralf Sedlak, Pfarrer Martinskirche Langenau
In Langenau bleiben viele Fragen offen
Für den Pfarrer der Langenauer Martinskirche, Ralf Sedlak, ist die Situation unbefriedigend: "Wir hätten es natürlich gut gefunden, wenn wir mehr erfahren hätten über Hintergründe und Motivation." Über einen Anwalt habe der Pfarrer Akteneinsicht beantragt. Neue Erkenntnisse habe er dadurch allerdings nicht gewonnen. Viele Fragen seien noch offen. "Wir hätten uns ein größeres öffentliches Interesse auch im juristischen Sinne gewünscht."

Ebenfalls beschmiert worden: Die Martinskirche im Langenauer Stadtkern. Heute sind die Parolen überstrichen.
Langenaus Bürgermeisterin Daria Henning zeigt sich im SWR-Gespräch einerseits erleichtert darüber, dass die Polizei einen Täter ermittelt hat. Gleichzeitig könne sie nicht verstehen, warum das Ermittlungsverfahren jetzt eingestellt wird. "Das war eine sehr gravierende Tat mit volksverhetzenden Schmierereien. Da hätten wir schon erwartet, dass das zu einer Verurteilung führt."
Wohl kein Zusammenhang zu weiteren Schmierereien in Langenau
Auf die judenfeindlichen Schmierereien im Dezember 2024 folgten im Januar 2025 weitere Hassparolen an Fassaden. Einen Zusammenhang zwischen den Taten gebe es nach jetzigem Stand laut Langenauer Stadtverwaltung nicht. Auch bestünde keine Verbindung zu einer pro-paläsitinensischen Demonstration im Dezember. Sie zog durch die Stadt, wenige Stunden bevor der tatverdächtige 29-Jährige die Parolen an die Hauswände geschmiert haben soll.
Es sind nicht nur überstrichene Hauswände, die an die vergangenen Vorfälle erinnern. Viele Langenauerinnen und Langenauer seien verunsichert, weiß Bürgermeisterin Henning: "Das hat etwas mit dem Sicherheitsgefühl gemacht." In der Stadt im Alb-Donau-Kreis hofft man jetzt, doch noch Antworten auf die offenen Fragen zu finden.
Sendung am Di., 29.4.2025 18:00 Uhr, SWR Aktuell Baden-Württemberg, SWR BW