
Baden-Württemberg Kommentar zur Entscheidung von SPD-Landesverband: "Hängen bleibt, dass Esken angezählt ist"
Der SPD-Landesverband hat Saskia Esken nicht für den Bundesvorstand nominiert - was sie selbst herbeigeführt hat. Die Gründe sind schwer verständlich, die Folgen vielleicht fatal.
Als Saskia Esken nach einem Mitgliedervotum plötzlich an der Spitze der Bundes-SPD stand, konnten viele in ihrem eigenen Landesverband es nicht fassen. Hatte sie doch vorher nur eine Nebenrolle gespielt, legendär ist ihre Funktion als "stellvertretende Vorsitzende des Landeselternbeirats Baden-Württemberg", sie galt als maximal unwichtig. Doch Esken machte stabile linke Politik und kannte sich als gelernte Informatikerin besser mit Digitalisierung aus als die meisten männlichen Politiker. Die Basis hat das honoriert und sie nach ganz vorne katapultiert.
Von dort hat sie die Partei erst ins Kanzleramt und jetzt voraussichtlich wieder an die Regierung geführt - ja, das vergangene Wahlergebnis war desaströs, aber das gilt fast für das gesamte demokratische Spektrum.
Kommunikation und Strategie sind nicht Eskens Stärken
Ihr Landesverband könnte dankbar sein für den Einfluss aus Baden-Württemberg im Willy-Brandt-Haus. Allein das Verhältnis zwischen Landesverband und Frontfrau Esken ist unterkühlt. Das liegt vielleicht teilweise daran, dass sie eine Frau ist, die Männer hinter sich gelassen hat und zudem nicht klassischen Rollenklischees entspricht. Es liegt aber auch daran, dass Esken zwar gute Sacharbeit macht. Kommunikation und Strategie scheinen aber nicht zu ihren Stärken zu gehören. Während der Koalitionsverhandlungen machte sie Kurzurlaub, was in ihrer Partei für Unmut sorgte. Am Montag dann der Supergau: Esken entschied sich aus kaum nachvollziehbaren Gründen, ihre Kandidatur für den Bundesvorstand noch offen zu lassen. Die Überlegungen dahinter mögen ehrenwert gewesen sein - vielleicht wollte sie ein mögliches Ministeramt und eine Mitgliedschaft in dem Gremium trennen, vielleicht wollte sie noch in Ruhe ihre Optionen sortieren.
Doch die Wirkung war fatal: "Landesverband nominiert Esken nicht", so lautete die völlig absehbare Schlagzeile. Dass die Co-Parteichefin es selbst so herbeigeführt hatte, spielt keine Rolle mehr. Hängen bleibt, dass Esken angezählt ist.

SWR-Redateurin Iris Volk
SPD muss sich entscheiden
Sie hätte das verhindern können, hätte sich einfach aufstellen lassen können. Der Landesverband hätte sie nominiert, ein Ministeramt wäre zusätzlich möglich gewesen. Hätte, hätte, Fahrradkette…
Nein, strategisch klug war das nicht. Und die SPD muss jetzt die Frage beantworten, ob sie in ihrer Führungsriege vor allem versierte Machtmenschen haben will - dann wäre Esken die falsche. Oder die SPD will Esken an der Spitze - dann bekäme sie eine unbequeme Politikerin, aber eine mit Sachkompetenz und Haltung. Die Partei muss sich entscheiden.