Stromausfall in halb Europa: In Spanien stehen Kunden in einem dunklen Ost- und Gemüseladen.Über die Ursache wird spekuliert. Sind Erneuerbare Energien mit-schuldig? Was dazu bislang bekannt ist.

Baden-Württemberg Stromausfall in halb Europa: Sind Erneuerbare Energien schuld?

Stand: 29.04.2025 17:15 Uhr

Ein sogenannter Blackout hat Spanien, Portugal und Teile Frankreichs lahmgelegt. Über die Ursache wird spekuliert. Sind Erneuerbare Energien mitschuld? Was dazu bislang bekannt ist.

Werden Blackouts durch mehr Erneuerbare Energien wahrscheinlicher?

Ja und Nein: Wenn man immer mehr Solaranlagen oder Windräder baut und sonst nichts Zusätzliches schafft - also keine Speicher, kein Netzausbau, keine Regulation der Einspeisung - dann wäre das tatsächlich ein Problem.

Erneuerbare Energien schwanken in ihrer Verfügbarkeit. Im Fachjargon spricht man von Volatilität. Damit ist Folgendes gemeint: Wenn die Sonne scheint und auch noch Wind weht, dann haben wir sehr viel Strom aus den Erneuerbaren, schlägt das Wetter um oder kommt die Nacht, haben wir wenig Strom aus diesen Quellen.

Unser Stromnetz braucht aber ein Gleichgewicht. Das Netz läuft immer dann sicher, wenn gleich viel Strom hereinkommt wie auch verbraucht wird. Und die Schwankungen der Erneuerbaren müssen eben gepuffert werden. Die gute Nachricht ist: Das passiert auch.

Wie genau kann man Schwankungen ausgleichen?

Das ist ein Zusammenspiel aus zwei Dingen: Ausbau der Infrastruktur und Eingriff ins Netz. Also wir bauen einerseits leistungsfähigere Stromleitungen und Speicher, um die Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen. Aber das passiert zu langsam.

Alexander Schilling von TransNet BW - einer der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber - erklärt dem SWR: "Weil in der Vergangenheit notwendige politische Entscheidungen zu oft verzögert wurden, ist eine Energiewende der zwei Geschwindigkeiten entstanden: Der Ausbau der Erzeugung wurde nicht mit dem Ausbau der Netze synchronisiert, weshalb wir Übertragungsnetzbetreiber nahezu täglich ins Netz eingreifen müssen, um Engpässe frühzeitig zu beheben."

Engpässe mit Redispatch vermeiden

Diese Anpassung zur Vermeidung von Engpässen nennt sich im Fachjargon: Redispatch. Auf deutsch hat man dafür das sperrige Wort: Kraftwerkseinsatzplanung. Es wird dann schnell ein Kraftwerk dazu- oder weggeschaltet, damit das Netz nicht aus dem Takt gerät. Und diese Redispatch-Maßnahmen, sagt Schilling, kämen immer häufiger vor und nähmen aktuell noch weiter zu. Man muss aber auch sagen: Bislang hat man es hier bei uns in Deutschland im Griff.

Könnte uns ein großer Stromausfall trotzdem auch in Deutschland passieren?

Ausschließen kann man das nicht. Es könnte schon irgendeine Besonderheit auftreten, die dann doch zum Blackout führt. Aber das ist in Deutschland doch vergleichsweise unwahrscheinlich. Wir haben hier ein sehr sicheres Stromnetz. Es ist überwiegend doppelt vorhanden.

Es gibt bei einer Störung fast immer eine Alternative, quasi einen doppelten Boden. Und wir haben klare Regeln - zum Beispiel für Photovoltaik-Anlagen - mit dem Solarspitzengesetz. Auch diese Vorgaben helfen, dass ein gefährliches Überangebot an Solarstrom gar nicht erst entsteht.

Warum haben wir ein Solarspitzengesetz?
Wenn beispielsweise Solaranlagen an sonnigen Tagen mehr Strom erzeugen, anErzeugungsüberschüsse entstehen,als verbraucht werden kann. Diese können zeitlich begrenzt sowohl regional als auch landesweit auftreten und stellen das Stromsystem vor Herausforderungen. Nachdem es schon im Frühjahr und Sommer 2024 einige zugespitzte Situationen im Netz gab, werden solche Situationen mit dem geplanten zukünftigen Photovoltaik-Ausbau von 400 Gigawatt bis 2045 zunehmen. Ohne Gegenmaßnahmen werden sich Erzeugungsüberschüsse weiter verstärken und für Netzbetreiber wird es anspruchsvoller, das Stromnetz stabil zu betreiben. Um kritische Situationen durch temporäre Erzeugungsüberschüsse zu vermeiden, müssen die Anlagen am Netz dringend besser sicht- und steuerbar werden. Wenn das nicht geschieht, können regional und zeitlich eingegrenzte Absenkungen im unterlagerten Netz notwendig werden. Durch das vom Deutschen Bundestag Anfang 2025 beschlossene "Erzeugungsspitzengesetz" gibt es für Netzbetreiber mehr Eingriffsmöglichkeiten, um das Netz stabil zu halten. Das Gesetz fördert eine stärkere Marktintegration von Photovolitaik-Anlagen, was dazu beiträgt, dass Erzeugung und Verbrauch besser aufeinander abgestimmt werden. Gleichzeitig wird durch das Gesetz die Steuerbarkeit neuer PV-Anlagen verbessert. Am 25. Februar 2025 trat das Solarspitzengesetz (Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen) in Kraft.

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