
Hessen Wahrzeichen in ständiger Alarmbereitschaft: So schützt sich Frankfurts Messeturm
Über 2.000 Menschen arbeiten im Frankfurter Messeturm. Hohe Sicherheitsauflagen, diskrete Kontrolle und regelmäßige Testläufe prägen den Betrieb - und das Bewusstsein für Gefahren.
Schon der erste Schritt ins Foyer macht deutlich: Hier läuft nichts ohne Kontrolle. Wer den 256 Meter hohen Messeturm betreten will, muss sich anmelden, sich legitimieren und eine elektronische Zugangskarte erhalten. Hohe Glasfronten und moderne Architektur suggerieren Transparenz - doch im Hintergrund überwachen Kameras, Sensoren und Sicherheitsteams jede Bewegung.
Im Aufzug gibt es keine freie Fahrt: Wer für seine Etage keine Berechtigung hat, kommt nicht weiter. Treppenhäuser sind alarmgesichert, Türen elektronisch verriegelt.
"In der heutigen Zeit gibt es viele potenzielle Angreifer. Daher auch dieser hohe Sicherheitsaufwand", sagt Alexander Ambrosius, Sicherheitschef des Frankfurter Wahrzeichens. Details will er nicht nennen. "Nur so viel: Wir haben selbst die kleinsten Mauslöcher geschlossen", sagt der 56-Jährige.
Von seinem Kontrollraum hoch über der Lobby aus behält Ambrosius jedes der 64 Stockwerke im Blick. Jede Tür, jede Bewegung wird überwacht. Der Messeturm, eine der bekanntesten Landmarken Frankfurts, steht unter ständiger Beobachtung.
2.000 Beschäftigte, 36 Firmen und eine neue europäische Behörde
Mehr als 2.000 Menschen arbeiten laut Property Management derzeit im Messeturm. 36 Unternehmen haben sich eingemietet, darunter das japanische und das saudi-arabische Konsulat. Der Messeturm funktioniert längst wie eine Stadt in der Stadt: mit eigenem U-Bahnzugang und eigener Postleitzahl.
Der jüngste Neuzugang unterstreicht die internationale Bedeutung des Standorts: Die neue europäische Anti-Geldwäsche-Behörde Amla hat hier ihr Hauptquartier bezogen. Mit ihr rückt nicht nur das Profil des Messeturms weiter ins Rampenlicht, sondern auch das Bedürfnis an Sicherheit, das über den Alltag eines normalen Bürogebäudes hinausgeht.
Kontrolle in jedem Winkel
Die Kontrolle beginnt nicht erst an den Aufzügen, sondern bei jeder Tür, jedem Gang, jedem Schacht. Technische Anlagen sind alarmgesichert, Fluchttreppen werden elektronisch überwacht. Wird eine Tür unberechtigt geöffnet, schlagen Sensoren Alarm. "Sie haben keine Chance, hier ungesehen hereinzukommen", sagt Ambrosius.
Auch in den Untergeschossen, wo Technik- und Versorgungsräume untergebracht sind, gelten strenge Zugangsbeschränkungen. Selbst die Müllcontainer werden überwacht.
Die Erfahrung lehrt, dass diese Maßnahmen notwendig sind. Im Jahr 2019 gelang es einer Gruppe junger Kletterer, über provisorische Zugänge bis auf die Spitze des Messeturms zu gelangen - eine illegale Aktion, die nicht nur viral ging, sondern Schwachstellen offen legte. Die Sicherheitsmaßnahmen wurden noch einmal verschärft.
Mythen und Realität unter der Pyramide
Die markante Pyramide auf dem Dach hat den Messeturm zum Symbol der Skyline gemacht. Umso mehr ranken sich Gerüchte um das, was sich unter der glänzenden Spitze verbirgt - von luxuriösen Apartments bis zu geheimen Observationszentralen. Die Realität ist unspektakulärer: Ein großer Technikraum versorgt von hier aus zentrale Anlagen des Gebäudes.
Der hohe Anspruch an die Sicherheit endet nicht bei baulichen Maßnahmen. Regelmäßige Evakuierungsübungen, Brandschutzschulungen und Notfalltrainings gehören zum Alltag im Turm. Sie sollen sicherstellen, dass im Ernstfall jede Handlung sitzt: von der Alarmierung bis zur Räumung.

Im Jahr 2019 gelang es einer Gruppe junger Kletterer bis auf die Spitze des Messeturms zu gelangen.
"Wenn etwas passiert, zählt jede Minute", sagt Ruth Heemann, Personalchefin der internationalen IT-Sicherheitsfirma Arctic Wolf. Seit 2023 ist das Unternehmen mit seinem rund 60-köpfigen Team im Messeturm ansässig. Für Heemann ist der Standort mehr als nur funktional: "Es ist, als säße man in Paris im Eiffelturm oder in Sydney im Opera House."
Bei seiner Fertigstellung 1990 war der Messeturm das höchste Hochhaus der Europäischen Union. Heute überragt ihn neben anderen der benachbarte Commerzbank Tower, doch seine Wirkung bleibt unverändert: Klare Symmetrien, monumentale Formen und eine Fassade aus Granit und Aluminium prägen das Bild eines Gebäudes, das zugleich massiv und elegant erscheint.
Jeder in seiner Wolfshöhle
Wer aus den oberen Etagen des Messeturms blickt, sieht Frankfurt aus einer ungewohnten Perspektive. An klaren Tagen wirkt die Stadt überschaubar, fast modellhaft. Die übrigen Hochhäuser erscheinen wie Spielzeug, der Blick reicht bis weit über den Taunus hinaus.
"Es gibt Tage, an denen die Wolken unter uns liegen, der Himmel darüber strahlend blau ist und wir hier im Sonnenschein sitzen, während nur die Spitzen der Gebäude aus dem Nebel ragen, wie Flugzeuge über den Wolken", sagt Christopher Kellett, Partner einer Kanzlei im 50. Stock. An solchen Tagen werde einem bewusst, was für ein besonderer Ort das hier sei.

Ein beeindruckendes Bild von der Frankfurter Skyline im Nebel schickte uns hessenschau.de-Nutzer Kilic Tekin. Das Foto wurde vom Frankfurter Messeturm aufgenommen. Haben Sie auch ein außergewöhnliches Bild aus Hessen? Dann schicken Sie uns Ihr Foto an foto@hessenschau.de.
Für Unternehmen, die hier ansässig sind, ist der Sicherheitsstandard oft ein entscheidendes Argument. Besonders für Kanzleien, Konsulate oder internationale IT-Dienstleister wie Arctic Wolf, das in auf seiner Etage ein eigenes Security Center betreiben. Zutritt haben nur ausgewählte Mitarbeiter. Selbst innerhalb der Firma gilt eine strikte Zugangskontrolle.
Diese Architektur der Sicherheit prägt den Alltag im Turm. "Da jedes Stockwerk einzeln angesteuert wird und man nur auf seiner Etage landet, hat man kaum Kontakt zu anderen Firmen im Haus", sagt Ruth Heemann. "Wolfsrudel" nennt sie ihr Team. Jede Firma lebt in ihrem eigenen Kosmos, in ihrer eigenen Wolfshöhle.
Manchmal wird der Arbeitsalltag auch körperlich anspruchsvoll: Genco Barshan, IT-Spezialist bei Arctic Wolf und ehrenamtlicher Feuerwehrmann, nimmt jährlich am Skyrun im Messeturm teil - einem Treppenlauf über 1.200 Stufen in voller Feuerwehrmontur. "Wenn es ernst wird, muss jeder Schritt sitzen. Es geht um Menschenleben", sagt er.
"Ein Sicherheitsexperte fühlt sich nie sicher"
Trotz aller Kontrollen wirkt der Messeturm heute offener als noch vor wenigen Jahren. Ein umfassender Umbau hat die Lobby und den Eingangsbereich modernisiert, seit 2022 sind ein Café und ein Restaurant öffentlich zugänglich. 100 Millionen Euro flossen in die Modernisierung.

Blick in den neu gestalteten Eingangsbereich des Messeturms.
Doch der Eindruck von Offenheit täuscht nicht über die strengen Schutzmechanismen hinweg, die weiter im Hintergrund wirken.
"Ein Sicherheitsexperte fühlt sich nie sicher", sagt Alexander Ambrosius. "Wir sind diejenigen, die ständig alle Eventualitäten im Kopf durchgehen. Nur so erreichen wir ein Niveau, das einen sehr hohen Grad an Sicherheit ermöglicht", sagt er.
Im Messeturm ist diese Haltung zur Routine geworden. Mehr als 30 Jahre nach seiner Fertigstellung bleibt der Turm damit mehr als ein architektonisches Wahrzeichen: ein dauerhaftes Versprechen auf Schutz.