
Niedersachsen Nach Schüssen auf Lorenz A.: Politiker offen für Änderung bei Bodycams
Beim tödlichen Polizeieinsatz in Oldenburg waren die Bodycams der Polizisten ausgeschaltet. Um in Zukunft einen Mangel an Videoaufnahmen zu verhindern, könnte ein neuer Automatismus helfen.
Der funktioniert so, dass eine Bodycam-Kamera eingeschaltet wird, sobald ein Polizist oder eine Polizistin die Waffe zückt. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte sich offen gegenüber dem Automatismus, der eine Änderung des Polizeigesetzes erfordert. Dafür gebe es auch unabhängig vom Fall in Oldenburg "gewichtige Gründe", sagte er am Dienstag. Vom Polizeieinsatz in der Oldenburger Innenstadt, der zum Tod eines 21-Jährigen führte, gibt es keine Videoaufnahmen. Die Kameras der Beamten waren der Staatsanwaltschaft zufolge während des Einsatzes ausgeschaltet. Nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums entscheidet jeder Polizist und jede Polizistin selbst, wann er oder sie die Bodycams einschaltet. Es gibt demnach keine Verpflichtung, die Bodycams einzuschalten.
Grüne, CDU und AfD ebenfalls für Bodycam-Ausweitung
Eine automatisierte Einschaltung der Bodycams wird nach Angaben des SPD-Landtagsabgeordneten Alexander Saade geprüft. Das berichtete die "Hannoversche Allgemeine Zeitung". Auch die Grünen als Koalitionspartner der SPD sowie die Oppositionsfraktionen von CDU und AfD sind dem Bericht zufolge für eine entsprechende Reform des Polizeigesetzes. Innenministerin Daniela Behrens (SPD) reagierte ebenfalls offen, mahnte aber Geduld an. Es sei "zu früh für politische oder gar gesetzgeberische Konsequenzen" aus dem Fall in Oldenburg, sagte die SPD-Politikerin der Zeitung. Sie fügte im Gespräch mit dem NDR Niedersachsen am Dienstag hinzu: "Dieser Fall muss aufgeklärt werden - seriös, in aller Klarheit und lückenlos. Und wenn es Konsequenzen gibt, die gezogen werden müssen, werden wir die auch ziehen."
GdP-Vorsitzender: Bodycams schnell weiterentwickeln
Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen, Kevin Komolka, drang auf Tempo bei der Weiterentwicklung der Bodycams. Die technische Neuerung müsse schnell vorangetrieben werden, sagte der GdP-Vorsitzende dem NDR Niedersachsen am Dienstag. Die Lage in Oldenburg hätte schnell aufgeklärt werden können, hätte es Bildmaterial aus automatisiert eingeschalteten Bodycams gegeben, so Komolka. Er betonte, dass Polizeibeamte in stressigen Situationen viele Entscheidungen treffen und aktuell zusätzlich daran denken müssten, die Kameras zu aktivieren.
Stephan Weil: Fall ist "ganz und gar ungewöhnlich"
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte mit Blick auf den Fall in Oldenburg Aufklärung. "Was bei diesem schrecklichen Ereignis in Oldenburg passiert ist, das würde ich auch gerne wissen, weil es ganz und gar ungewöhnlich ist zu dem, was ich bis jetzt immer gehört habe aus Niedersachsen", sagte er am Dienstag. Den Vorwurf, es gebe rassistische Strukturen in der niedersächsischen Polizei, wies er zurück. Er sei unfair gegenüber tausenden Beamtinnen und Beamten, die ihren Job gut machten, so Weil. Innenministerin Behrens ging auf den Fall auch bei der Vereidigung neuer Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärter am Montag in Hannover ein. In ihrer Rede betonte sie, dass dies ein sehr dramatischer, aber seltener Fall sei. Die Polizei Niedersachsen setze sich intensiv mit ihrer eigenen Arbeit auseinander. "Wir sind keine schießwütige Truppe", sagte sie.
Lorenz A. stirbt nach Schüssen aus Polizeiwaffe
Lorenz A. war am 20. April in der Oldenburger Innenstadt durch mehrere Schüsse aus einer Polizeiwaffe getötet worden. Zuvor soll der schwarze 21-Jährige mit Reizgas gesprüht haben. Der Fall hat in Oldenburg und in der Region Trauer und Entsetzen ausgelöst. Tausende gingen daraufhin in mehreren Städten auf die Straßen. Dabei wurde auch der Vorwurf laut, rassistische Strukturen innerhalb der Polizeiarbeit hätten den Tod von Lorenz A. begünstigt.