Keir Starmer, Wolodymyr Selenskyj, Emmanuel Macron, Donald Tusk,Friedrich Merz
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Mögliche Verhandlungen mit Putin Der Westen muss nun Konsequenz zeigen

Stand: 11.05.2025 18:30 Uhr

Der gemeinsame Auftritt westlicher Staats- und Regierungschefs in Kiew und das an Moskau gestellte Ultimatum scheinen zu wirken: Russlands Präsident Putin schlägt direkte Gespräche mit der Ukraine vor. Der Westen sollte konsequent antworten.

Ein Kommentar von Peter Sawicki

Derart auf dem falschen Fuß erwischt hat man Dmitri Peskow lange nicht mehr erlebt. Es sei eine neue Situation entstanden, man müsse erst eine Haltung dazu finden, sagte Wladimir Putins Sprecher am Samstagabend, als er zur neuen westlichen Forderung befragt wurde. In Kiew hatten vier europäische Unterstützer der Ukraine Moskau ein Ultimatum gestellt: Entweder schweigen ab Montag bedingungslos und für mindestens 30 Tage die Waffen oder der Druck auf Russland werde erhöht. Ökonomisch, politisch und gegebenenfalls in Form von weiterer Militärhilfe.

Die russische Reaktion folgte in der Nacht. Machthaber Putin stellte direkte Gespräche mit der Ukraine in Aussicht - in Istanbul, beginnend noch in den kommenden Tagen. Als Zeichen einer plötzlichen Friedfertigkeit ist Putins Angebot aber mitnichten zu verstehen.

Offenbarung altbekannter Narrative

Bei der genauen Betrachtung offenbaren sich altbekannte Narrative. Istanbul spielt hier eine zentrale Rolle. Dort seien Friedensgespräche vor drei Jahren schon weit fortgeschritten gewesen - doch Kiew habe sie auf Drängen des Westens verworfen.

Diese regelmäßig auch von kaum verkappten Kreml-Freunden wie Sahra Wagenknecht verbreitete Lüge ist mehrfach von Fachleuten mit Fakten widerlegt worden. Vielmehr waren Russland und die Ukraine im Frühjahr 2022 weit von einer Einigung entfernt. Und es war Russland, das seine Istanbuler Delegationsteilnehmer zurückpfiff, nachdem diese erklärt hatten, ein Waffenstillstand sei in greifbarer Nähe. Zudem hatte Putin damals gesagt, nicht direkt mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj verhandeln zu wollen.

Putin will nicht als Getriebener wirken

Auf die Forderung der 30-tägigen Waffenruhe, die an sich seit Mitte März im Raum steht, ist Putin aber nicht eingegangen. Das zeigt: Er will die Kämpfe unabhängig von möglichen Gesprächen fortsetzen, was zulasten zahlreicher Zivilisten geht. Neuerliche Luftangriffe am Wochenende unterstreichen dies. Der Kriegsherr aus dem Kreml will politisch außerdem nicht als Getriebener wirken, indem er nun abermals die Ukraine unter Zugzwang zu setzen versucht.

Doch die Tatsache, dass sich Putin in dieser Form geäußert hat, zeigt auch, dass Druck auf Moskau wirkt. Insofern hat der gemeinsame Auftritt von Selenskyj mit Keir Starmer, Donald Tusk, Emmanuel Macron und Friedrich Merz am Samstag in Kiew eine erste Wirkung erzielt.

Ist man bereit, die scharfen Schwerter zu ziehen?

Gleichzeitig nimmt sich der Westen mit dem Ultimatum auch selbst in die Pflicht. Er muss Putin nun zur geforderten Waffenruhe drängen - notfalls mit dem angedrohten höheren Druck.

Zweifel sind da durchaus angebracht. Ist man wirklich bereit, die ganz scharfen Schwerter zu ziehen? Also etwa endlich russische Vermögenswerte zu konfiszieren? Nach dem Treffen in Kiew geht es auch um die Glaubwürdigkeit der Ukraine-Unterstützung. Kiews Partner dürfen sie nicht verspielen.

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Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 11. Mai 2025 um 20:00 Uhr.