
DAX lugt über 22.600 Punkte Historischer Börsenmonat neigt sich dem Ende zu
Der DAX steuert auf den siebten Gewinntag in Folge zu. Seit seinem Tief am "Panic Monday" Anfang April hat das deutsche Börsenbarometer über 4.000 Punkte zulegen können - eine rekordverdächtige Erholungsrally.
Die Käufer am deutschen Aktienmarkt lassen auch am letzten Handelstag eines wahrlich turbulenten Börsenmonats nicht locker. Bis zu 0,8 Prozent auf 22.607 Punkte geht es für den DAX in der Spitze aufwärts. Zur Mittagszeit liegt der deutsche Leitindex immer noch solide 0,6 Prozent im Plus.
"Heute geht ein geschichtsträchtiger Börsenmonat zu Ende", unterstreicht Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Alles habe mit einer Papptafel vor dem Weißen Haus begonnen, erinnert der Kapitalmarktstratege an die Verkündung der "reziproken Zölle" durch US-Präsiden Trump am "Tag der Befreiung".
In der Folge rauschte der DAX bis auf 18.489 Punkt abwärts. Nur drei Wochen später notiert das deutsche Börsenbarometer über 4.000 Punkte höher. Im Hoch fehlen dem DAX heute nur noch 3,8 Prozent zu seinem Rekordhoch bei 23.476 Zählern von Mitte März.
"Solch einen Börsenmonat gibt es nur zwei Mal in zehn Jahren - die letzten sind uns noch von 2008 aus der Finanzkrise und 2020 aus der Corona-Krise in Erinnerung", betont Börsenexperte Molnar.
Mit der rasanten V-förmigen Erholung hat sich auch die Charttechnik im DAX deutlich verbessert. Das nächste Anlaufziel für den deutschen Leitindex bilde nun das Februarhoch bei 22.935 Punkten, betont HSBC-Experte Jörg Scherer. Zuvor gelte es allerdings, die Abwärtskurslücke von Ende März bei 22.740/22.826 Punkten zu schließen.
Steigende Konsumausgaben und Investitionen haben der deutschen Wirtschaft im ersten Quartal zu einem Wachstum verholfen. Das Bruttoinlandsprodukt legte laut einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts von Januar bis März um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu. Eine technische Rezession wurde damit verhindert.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer bleibt dennoch skeptisch: "Viele Unternehmen vermissen in Deutschland einen wirtschaftspolitischen Neustart, der nach der jahrelangen Erosion der Standortqualität notwendig wäre. Außerdem schadet Trumps Protektionismus der wichtigen deutschen Exportwirtschaft."
Die Wall Street dürfte verhalten in den letzten Handelstag des Monats starten. Nachdem die großen US-Indizes gestern noch Kursgewinne einfahren konnten, tendiert der Future auf den Dow Jones zur Stunde seitwärts.
Noch vor Wall-Street-Eröffnung dürfte die erste Schätzung zum US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal in den Fokus der Anleger rücken. Mehrere Indikatoren deuten auf eine Abschwächung des Wachstums hin. Das Rezessionsrisiko war zuletzt angesichts der radikalen Zollpolitik von US-Präsident Trump gestiegen - die wirtschaftlichen Auswirkungen dürften sich jedoch erst in den kommenden Wochen und Monaten so richtig bemerkbar machen.
Seit dem Amtsantritt Trumps am 20. Januar rauschte der marktbreite US-Börsenindex um 7,3 Prozent in die Tiefe. Laut der Finanzanalyse-Firma CFRA Research ist dies die zweitschlechteste Performance während der ersten 100 Tage eines US-Präsidenten. Nur 1973 lief die Wall Street noch schlechter, als der S&P 500 zu Beginn der zweiten Amtszeit von Richard Nixon um 9,9 Prozent einbrach.
An den Devisenmärkten hat sich der Dollar stabilisiert. Der Ausverkauf der US-Währung legt eine Pause ein, während Händler die Aussichten auf eine Verhandlungslösung im Zollstreit abwägen. Der Euro gibt aktuell um 0,2 Prozent auf 1,1365 Dollar nach.
Die Ölpreise setzen ihre starken Verluste vom Vortag fort. Zur Mittagszeit verbilligt sich die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee um 0,9 Prozent auf 62,69 Dollar je Barrel (159 Liter). Im Rückgang der Ölpreise spiegelt sich die zunehmende Erwartung einer weltweiten Konjunkturabschwächung wider, die wiederum zu einer geringeren Nachfrage nach Rohöl führen würde.
Der sichere Hafen Gold wird von den Anlegern zur Wochenmitte nicht angesteuert. Der Goldpreis hat seine Verluste im Laufe des Vormittags ausgeweitet und gibt aktuell um 1,2 Prozent nach auf 3.278 Dollar je Feinunze. Er liegt damit knapp 200 Dollar unter seinem Rekordhoch aus der Vorwoche.
Die Rüstungskonzerne Rheinmetall und Lockheed Martin wollen gemeinsam in Europa Raketen herstellen und vermarkten. Damit bauen die beiden Unternehmen ihre bereits enge Kooperation weiter aus. Die Regierungen Deutschlands und der USA müssen den Plänen aber noch zustimmen. Rheinmetall arbeitet unter anderem beim Kampfflugzeug F-35A bereits mit dem US-Partner zusammen.
Anleger honorieren die bestätigten Jahresziele von DHL. Die Deutsche-Post-Aktie ist zur Mittagszeit der größte DAX-Gewinner. Mögliche Auswirkungen aus Änderungen der US-Zoll- und Handelspolitik bleiben bei den Zielen allerdings ausgeklammert. Im ersten Quartal schnitten die Bonner zudem überraschend gut ab, der auf die Aktionäre entfallende Gewinn stieg um gut sechs Prozent auf 786 Millionen Euro.
Die Zalando-Aktie gehört im mittäglichen Handel zu den größten DAX-Verlierern. Die US-Investmentbank Morgan Stanley hat das Papier mit einem unveränderten Kursziel von 28,50 Euro von "Equal-weight" auf "Underweight" abgestuft. Seit der US-Zollflut seien die Aktien per Saldo gestiegen, obwohl die Risiken zugenommen hätten, begründet Analyst Luke Holbrook seine Neubewertung.
Der DAX-Konzern Volkswagen ist nach dem schwachen Vorjahr auch 2025 mit einem Gewinneinbruch gestartet. Unter dem Strich ging der Gewinn von Europas größtem Autobauer im ersten Quartal im Jahresvergleich um knapp 41 Prozent auf 2,19 Milliarden Euro zurück, wie das Unternehmen in Wolfsburg mitteilte.
Mercedes-Benz hat im ersten Quartal bei einem Absatzrückgang in China einen Gewinneinbruch verzeichnet. Im ersten Quartal sackte der Gewinn des DAX-Konzerns um knapp 43 Prozent auf 1,73 Milliarden Euro ab. Wegen der unklaren US-Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump kann Mercedes zudem keinen Jahresausblick mehr geben.
Gute Auftragszahlen geben der Erholungsrally der Aixtron-Aktien zur Wochenmitte einen kräftigen Schub. Die Papiere des Chipausrüsters gewinnen im mittäglichen Handel über acht Prozent und sind damit der größte Gewinner im MDAX. Der Analyst Veysel Taze von der Privatbank Metzler attestierte den Westfalen solide Quartalsgewinne und einen starken Auftragseingang.
Größter MDAX-Verlierer ist Wacker Chemie. Eine weiterhin schwache Entwicklung im Geschäft mit Solarsilizium und eine träge Bauwirtschaft machen dem Unternehmen unverändert zu schaffen. Unter dem Strich fiel im ersten Quartal ein Verlust von 3,4 Millionen Euro an - nach einem Gewinn von 48,4 Millionen vor einem Jahr. Die Jahresziele bestätigte das Unternehmen zwar, verwies aber auch auf die Unwägbarkeiten durch die US-Handelskonflikte.
Im SDAX haussiert die Fielmann-Aktie nach der Vorlage von Geschäftszahlen zur Mittagszeit mit einem Plus von über zehn Prozent. Besonders gut ankommen bei den Anlegern dürfte die hohe Profitabilität im Europa-Geschäft, kommentierte DZ-Bank-Experte Thomas Maul. Für das laufende Jahr geht das Unternehmen von einem fortgesetzten Wachstum aus.
Autohersteller in den USA bekommen bei den Zöllen auf Bauteile gewisse Erleichterungen. Mit den neuen Ausnahmen sollen Abgaben für importierte Bauteile bei Montage in den USA abgemildert werden. US-Präsident Donald Trump unterzeichnete dazu zwei Dekrete. Die Regierung reagierte mit dem Schritt auf Beschwerden der Branche.
Apple wartet nach Worten von US-Handelsminister Howard Lutnick nur auf die Entwicklung präziser Roboter-Arme, um iPhones auch in den USA zusammenzubauen. Konzernchef Tim Cook habe ihm kürzlich gesagt, dass Apple gar nicht so viele Leute im Ausland beschäftigen wolle, erzählte Lutnick in einem Interview des US-Wirtschaftssenders CNBC.
Die bei Robotaxis führende Google-Schwesterfirma Waymo macht den ersten Schritt zu selbstfahrenden Autos im Privatbesitz. Toyota will gemeinsam mit Waymo ausloten, wie die Technik die nächste Fahrzeug-Generation verbessern kann. Auch wollen die beiden Unternehmen laut einer Mitteilung gemeinsam eine neue Plattform für autonome Fahrzeuge entwickeln.
Dank der anhaltenden Ausgabefreude von Konsumenten hat der Zahlungsdienstleister Visa im abgelaufenen Quartal überraschend viel verdient. Der Gewinn stieg um 6 Prozent auf 5,4 Milliarden Dollar. Das Unternehmen kündigte den Rückkauf weiterer eigener Aktien für bis zu 30 Milliarden Dollar über mehrere Jahre an.
Der Verfall des Ölpreises hat TotalEnergies einen überraschend deutlichen Gewinnrückgang eingebrockt. Außerdem belaste der knapp 60-prozentige Einbruch der Margen im Raffinerie-Geschäft die Bilanz, teilte der französische Öl- und Gaskonzern mit. Der Grund hierfür sei Billig-Konkurrenz aus Asien und Afrika. Das Nettoergebnis schrumpfte im ersten Quartal um 18 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro.
Microsoft verspricht seinen Kunden in Europa, die digitale Widerstandsfähigkeit des europäischen Kontinents unabhängig von geopolitischen und handelspolitischen Unwägbarkeiten aufrechtzuerhalten. Microsoft werde auch weiterhin die Privatsphäre der europäischen Daten schützen, schrieb Microsoft-Präsident Brad Smith in einem Blogeintrag. Er reagierte damit auf den Vertrauensverlust unter europäischen Kunden gegenüber US-Tech-Konzernen seit Trumps zweiter Amtsübernahme.
Eine neue Version des KI-Chatbots ChatGPT ist mit einer ungewöhnlichen Begründung zurückgezogen worden: Sie war zu nett zu den Nutzern. Die erst vor wenigen Tagen herausgebrachte Variante des Modells GPT-4o habe sich übertrieben schmeichelhaft geäußert und sei auch als unterwürfig beschrieben worden, begründete die Entwicklerfirma OpenAI den Schritt.
Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.