Ein Kalb und ein Junge

Landleben Warum Stallstaub allergisches Asthma verringern kann

Stand: 29.04.2025 14:55 Uhr

Dass das Landleben gesund ist, ist kein Vorurteil: Forschende können erklären, warum der Kontakt von Kindern mit Stallstaub dazu führt, dass sie später weniger anfällig für Asthma und Allergien sind.

Von Kathrin Wiewe, BR

Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, erkranken seltener an Asthma und Allergien. Warum das so ist, kann die Wissenschaft nun besser erklären als bisher. Eine aktuelle Studie am Dr. von Haunerschen Kinderspital am LMU Klinikum München erklärt, warum Stallstaub das Immunsystem von Kindern positiv beeinflusst und wie dieses Phänomen möglicherweise in Zukunft therapeutisch genutzt werden kann.

Mikroorganismen im Stallstaub verantwortlich für den Farmeffekt

In Deutschland sind rund acht Millionen Menschen von Asthma betroffen - vor allem Kinder und Jugendliche. Kinder, die auf dem Land aufwachsen, entwickeln seltener Asthma und Allergien. Ihr Immunsystem lernt durch den Kontakt zu bestimmten Mikroorganismen, nicht übertrieben auf eigentlich harmlose Stoffe zu reagieren.

Das Team um Bianca Schaub, Abteilungsleiterin der Pädiatrischen Allergologie der Kinderklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital der LMU Klinik München, hat untersucht, wie diese Mikroorganismen auf das Immunsystem wirken.

Mikroorganismen verändern Immunsystem

In ihrem Experiment brachte das Team Staub aus dem Stall in Kontakt mit Blutproben von Kindern, die Asthma haben. Dafür verarbeiteten die Forscherinnen und Forscher den Stallstaub zu einer Lösung. Mit dieser stimulierten sie Immunzellen, die sie aus dem Blut der Kinder isoliert hatten. So geschah im Reagenzglas das, was Kinder auf dem Bauernhof machen: Staub aufnehmen. Die mit Staub versehenen Immunzellen kamen in den Inkubator, und Studien-Erstautorin Claudia Beerweiler beobachtete, wie das Immunsystem sich veränderte.

"Wir sehen, dass Zellen, die die Entzündung hemmen, durch den Staub gut stimuliert werden. Es liegt nahe, dass diese Entzündung, die wir beim Asthma sehen, gehemmt wird. Auf der anderen Seite werden Zellen stimuliert, die uns helfen eine gesunde Balance zu erhalten", fasst Schaub die Ergebnisse in der BR-Sendung "Gesundheit!" zusammen.

Neue Therapiemöglichkeiten für Kinder mit Asthma

Die Forschung hat zum Ziel, den Farmeffekt künftig auch medizinisch nutzbar zu machen. "Wir haben sehr viele Allergiker und Asthmatiker. Das ist die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter. Und wenn wir hier eine Möglichkeit hätten, diesen Kindern zu helfen, das wäre natürlich ein Riesenfortschritt", fügt Schaub hinzu.

In welcher Form die Medizin den Farmeffekt auch für Kinder nutzbar machen kann, die nicht auf dem Bauernhof leben, wird derzeit untersucht.

Hygiene-Hypothese wissenschaftlich bestätigt

Die sogenannte Hygiene-Hypothese ist inzwischen wissenschaftlich anerkannt. Ihr Kernpunkt: In den Vorschuljahren sollte das kindliche Immunsystem durch regelmäßigen Kontakt mit bestimmten guten Mikroorganismen trainiert werden. So lernt das Immunsystem, angemessen zu reagieren und harmlose Substanzen und körpereigene Strukturen nicht unnötig zu bekämpfen.

Der antientzündliche Effekt des Stallstaubs war dabei bereits in früheren Studien nachgewiesen worden. "Wir wissen mittlerweile, dass das angeborene Immunsystem in der Allergieentstehung und auch in der Prävention viel zentraler ist, als wir über Jahrzehnte dachten", bestätigt Schaub.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtet "Gesundheit!" im BR Fernsehen am 29. April 2025 um 19 Uhr.