
Gespräche in Istanbul Ukraine-Spitzentreffen endgültig geplatzt
Nach Putin und Trump hat auch der ukrainische Präsident Selenskyj eine Teilnahme an den Ukraine-Verhandlungen in Istanbul abgesagt. Am Freitag sollen Delegationen beider Seiten mit der Türkei an einen Tisch kommen.
Am Wochenende hatte Russlands Präsident Wladimir Putin höchstselbst direkte Verhandlungen mit der Ukraine vorgeschlagen - der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte darauf, in dem er ein persönliches Treffen mit Putin forderte. Für ein paar Tage schien es, als könne es Bewegung in den Verhandlungen um ein Ende des russischen Angriffkrieges gegen die Ukraine geben. Doch diese Hoffnung hat sich vorerst zerschlagen.
Nach den Absagen von Kremlchef Putin und US-Präsident Donald Trump erklärte auch Selenskyj, nicht an den Gesprächen in Istanbul teilzunehmen. Stattdessen soll es am Freitag eine Reihe von trilateralen Gesprächen geben, teilte das türkische Außenministerium mit.
Demnach stehen trilaterale Gespräche zwischen Russland, der Ukraine und der Türkei sowie zwischen den USA, der Ukraine und der Türkei auf der Tagesordnung. "Es ist nicht sicher, ob es ein Treffen im Vierer-Format geben wird", hieß es mit Blick auf die vier Länder USA, Russland, Ukraine und Türkei.
Treffen in unterschiedlichen Formaten
Die ukrainische Delegation werde von Verteidigungsminister Rustem Umjerow angeführt, kündigte der ukrainische Staatschef an. Das Flugzeug Selenskyjs verließ am Abend den türkischen Luftraum. Ob Selenskyj an Bord der Maschine war, ist nicht bekannt.
"Morgen wird es eine Reihe von Treffen in unterschiedlichen Formaten geben", verlautete am Donnerstagabend nach einem Treffen zwischen dem türkischen Außenminister Hakan Fidan und der russischen Delegation aus dem türkischen Außenministerium.
Sollten russische und ukrainische Vertreter tatsächlich in Istanbul zusammenkommen, wären das die ersten direkten Gespräche seit dem Frühjahr 2022 kurz nach Kriegsbeginn.
Selenskyj hofft dennoch auf Verhandlungserfolg
Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak betonte, Selenskyj werde nur mit Putin persönlich verhandeln. Als Zeichen seiner Bereitschaft, den Krieg beenden zu wollen, habe er sich aber entschieden, trotz allem eine Delegation nach Istanbul zu schicken, sagte Selenskyj dann nach Gesprächen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
Das solle auch ein Signal des guten Willens gegenüber US-Präsident Donald Trump sein, so Selenskyj. Ziel sei es, "zumindest die ersten Schritte zur Deeskalation, die ersten Schritte zur Beendigung des Krieges - nämlich eine Waffenruhe - zu versuchen".
Präsidentenberater Medinski an Spitze der Delegation
Dem gegenüber steht die Aussage des russischen Delegationsführers und Präsidentenberater Wladimir Medinski: Moskau betrachte die Gespräche mit Kiew als Fortsetzung der gescheiterten Verhandlungen zu Beginn seiner Invasion in der Ukraine im Jahr 2022. Russland sei auf konstruktive Gespräche und Kompromisse eingestellt. Auch damals war Medinski an den Gesprächen zur Beendigung des Krieges beteiligt, die ebenfalls in der Türkei stattfanden, aber am Ende ohne Ergebnis blieben.
Unterhändler Medinski ist ehemaliger Kulturminister, gilt als politisches Leichtgewicht und wird international für die Verbreitung von Kreml-Propaganda kritisiert. So vermittelte der 54-Jährige in Schulbüchern eine unter Historikern umstrittene Sichtweise der russischen und ukrainischen Geschichte. Wissenschaftler und Kremlkritiker werfen ihm bewusste Fälschungen und Geschichtsklitterung vor.
Selenskyj nennt russische Delegation "dekorativ"
Mit der Besetzung der Delegation bleibt der Kreml weit hinter der Forderung zurück, auf die der ukrainische Präsident Selenskyj immer wieder gedrängt hatte, seit Putin direkte Verhandlungen ins Spiel gebracht hatte. Bei seiner Ankunft in Ankara kritisierte Selenskyj die russische Delegation als "dekorativ" und nannte sie ein "Täuschungsmanöver".
Die ukrainische Delegation ist nach den Worten Selenskyjs hingegen "auf höchster Ebene" angesiedelt. "Das Außenministerium, das Präsidialamt, die Armee, unsere Geheimdienste" seien vertreten, "um jegliche Entscheidungen zu treffen, die zu einem gerechten Frieden führen können", sagte Selenskyj.
Moskau: Experten für alle Bereiche
Das russische Außenministerium wies die Kritik zurück. Neben Medinski hat Moskau den stellvertretenden Außenminister Michail Galusin und Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin in die Türkei geschickt, zudem zählt Igor Kostjukow, Leiter des russischen Militärgeheimdienstes GRU, zur Delegation. Diese "Experten" seien bereit und kompetent für die Gespräche über alle Themen, erklärte eine Sprecherin der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge: "Internationales Recht - bitte, die Situation am Boden - bitte, Fragen der Kampfhandlungen - bitte."
Laut Kremlsprecher Dmitri Peskow wurden den Mitgliedern der Delegation noch am Mittwochabend in einer Sondersitzung von Putin Anweisungen gegeben.
US-Außenminister Rubio in der Türkei
Auch die USA drängen weiterhin auf eine 30-tägige Waffenruhe. Trump hatte immer wieder erklärt, den Krieg zwischen Russland und der Ukraine rasch beenden zu wollen. Für die US-Regierung reiste Außenminister Marco Rubio in die Türkei, zunächst allerdings zu einem Treffen der NATO-Außenminister im türkischen Küstenort Antalya. Auch die Sondergesandten Steve Witkoff und Keith Kellogg sollen die USA vertreten.
Rubio kündigte an, er werde sich am Freitag mit dem türkischen Außenminister Hakan Fidan und auch der ukrainischen Delegation in Istanbul treffen. Präsident Trump sei "ungeduldig", den Krieg zu beenden bekräftigte der US-Außenminister - jedoch seinen die Erwartungen angesichts der personellen Zusammensetzungen der Delegationen gering.
Trump selbst dämpfte jegliche Hoffnungen: Es werde keine Fortschritte bei den Friedensgesprächen ohne ein Treffen zwischen ihm und Putin geben. "Nichts wird passieren, bis Putin und ich zusammenkommen", sagte Trump an Bord der Air Force One.