
Schleswig-Holstein Mecklenburg-Vorpommern Mehr Senioren im Norden in schwere Autounfälle verwickelt
Wenn es um Unfälle mit Toten und Verletzten geht, sind immer mehr ältere Autofahrer beteiligt. Das zeigt eine Auswertung des Versicherungsverbands GDV. Die Folge könnten höhere Kosten für Kfz-Versicherungen sein.
Ab 75 Jahren steigt das Unfallrisiko deutlich an. Das sagt die Unfallforschung. Dazu passen die Zahlen einer aktuellen Auswertung, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin veröffentlicht hat. Demnach waren 2023 rund 21.500 über 75-Jährige in Deutschland in Unfälle mit Verletzten und Getöteten involviert - etwa 26 Prozent mehr als 2013. Laut GDV seien sie in fast 16.500 Fällen die Hauptverursacher gewesen.
Schwere Unfälle: Immer mehr Senioren beteiligt
Auch im Norden zeigt sich diese Entwicklung. In Schleswig-Holstein stieg die Zahl der Unfälle mit Verletzten und Getöteten in der Gruppe der älteren Autofahrer ab 75 Jahren zwischen 2013 und 2023 um sogar 36 Prozent auf rund 1.100. Insgesamt ging die Zahl der schweren Unfälle im nördlichsten Bundesland in dem Zehn-Jahres-Zeitraum um 13 Prozent auf rund 11.500 zurück. In Mecklenburg-Vorpommern stieg die Unfallzahl um 35 Prozent auf rund 430. In Hamburg blieb die Zahl der schweren Unfälle mit 409 stabil. Lediglich in Niedersachsen gab es einen Rückgang um fünf Prozent (2.700).
In Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern verursachten drei von vier Beteiligten ab 75 Jahren den Unfall in 2023 selbst - laut GDV waren sie in 792 Fällen Hauptverursacher.
Mehr ältere Menschen auf den Straßen unterwegs
So wie die Bevölkerung in Deutschland immer älter wird, so sind laut GDV auch immer mehr ältere Menschen auf den Straßen unterwegs - im Norden vor allem in Mecklenburg-Vorpommern. Zwischen 2008 und 2017 nahm die mit dem Auto zurückgelegte Strecke bei der Generation der über 75-Jährigen um knapp 200 Prozent zu. In Hamburg waren es 130 Prozent und in Schleswig-Holstein lediglich 67 Prozent. Laut GDV ist zu erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzt.
Die ersten Versicherungsgesellschaften haben damit begonnen, Versicherungszuschläge in ihre Tarifkalkulation einzubauen, sagt der unabhängige Versicherungsmakler Stefan David. Dabei legen sie oftmals nicht offen, ab wann oder wieviel Prozent die Beiträge verteuert werden. "Es ist aber auf keinen Fall so dramatisch, wie es zum Beispiel bei Fahranfängern ist, wo man in der Regel mit einer Verdoppelung des Beitrags rechnen muss, sobald jemand mit 18 alleine das Fahrzeug fährt", so David.
Nein, sagt der Versicherungsmakler Stefan David. Es gebe aber immer noch Gesellschaften, die diese Unterteilung nicht machen: "Wenn die Schadenhäufigkeit zu hoch ist, dann kann der Versicherer tatsächlich nur den Kaskoversicherungsschutz verweigern." Die gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge muss jeder Versicherer immer annehmen. "Wir haben 100 Kraftfahrzeugversicherer in Deutschland oder mehr. Man wird immer einen Versicherer finden, der einen versichern muss, auch wenn die das vielleicht nicht mögen."
Auch immer mehr ältere Menschen besitzen einen Führerschein - die Zahl hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Der Auswertung zufolge waren es 2015 noch knapp 2,5 Millionen der über 75-Jährigen - 2024 stieg die Zahl auf fast 5,9 Millionen. Vor allem haben jetzt mehr Frauen einen Führerschein.
Senioren sorgen sich um teurere Versicherungen
Dass mit 75 Jahren das Unfallrisiko steigt, ist laut Unfallforschung damit zu begründen, dass Senioren vor allem mit nachlassender Aufmerksamkeit, Konzentration und Reaktionsgeschwindigkeit zu kämpfen haben. Besonders herausfordernd seien demnach komplexe Verkehrssituationen an Kreuzungen oder auf unbekannten Strecken.
Der Landesseniorenrat Schleswig-Holstein e.V. warnt in der Diskussion vor Alterdiskriminierung. Laut dem stellvertretenden Vorsitzenden Josef Meyer ist die GDV-Auswertung nicht objektiv: "Die Zahlen gehen mehr in die Richtung, Nachweise zu führen, um Prämien für ältere Menschen zu erhöhen." Meyer würde sich freuen, wenn die Versicherungswirtschaft älteren Menschen stattdessen ein Angebot macht, beispielsweise ein freiwilliger Test. Wenn man den Test gut besteht, bleibt die Prämie wie gehabt - wenn man den Test nicht machen möchte, wird die Prämie erhöht, so der Vorschlag des Seniorenrat-Vorsitzenden.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | 29.04.2025 | 17:00 Uhr